Schwedens Elche – zweiter Versuch..

Ich wollte es nochmals wissen und bin dieses Mal in einen Elchpark gefahren. In Ekshärad /:Eschärad/ war dies nach dem ‘Stallbesuch’ in Stockholm einer auf der eingezäunten Weide.

Per se war das nicht wirklich viel spannender als der erste Besuch, aber die Tiere hier haben sich bewegt (und uns mit Schlamm bespritzt, wenn sie daher trabten, um gefüttert zu werden). Wir lockten sie mit Bananenstücken (sogar Elche sind offenbar dem Reiz exotischer Nahrung erlegen..).

Hier habe ich viel gelernt über die Tiere (ehrlich gesagt wusste ich vorher herzlich wenig..)

Hugo, der König dieser Elchgruppe.

Die Elchbullen verlieren im Spätherbst ihr Geweih schmerzlos an einer Art ‘Sollbruchstelle’ dank gedrosseltem Testosteron-Hormonspiegel, denn in der Kälte werden sie haushalten müssen mit ihrer Energie.

Wer jetzt Elche streichelt, hat gleich einen ganzen Büschel dicker, borstiger Haare in der Hand. Diese Borsten sind luftgefüllte Röhrchen und isolieren bestens. Darunter wärmt eine Schicht feinster Wolle so gut, dass Elche kein Problem haben mit Wintertemperaturen von 30 Minusgraden.

Im Sommer könnten die Tiere allerdings überhitzen mit dieser dicken Wärmeschicht; sie haben es deshalb eilig, diese nun loszuwerden. Und zum Abkühlen tauchen sie auch gerne einmal bis 6 Meter tief in einem See.

Sobald das letztjährige Winterfell abgestossen ist, beginnt – ganz langsam – das neue Winterfell zu wachsen, das bis zum erneuten Kälteeinbruch wieder dicht und warm sein wird.

Das Fell sieht bereits etwas struppig aus durch den ausfallenden Winterpelz. Die Kiwi-ähnlich behaarten Endstücke des wachsenden Geweihs werden sich demnächst in zwei Richtungen weiter entwickeln, und mit den grossen Ohren hört der Elch anschleichende Feinde wie Bären oder Wölfe schon von weitem

Die Haare auf der Nase sind zwar fein, aber so richtig samtig fühlt sich vor allem diese Haut auf der wachsenden Krone an, die mich an frisches Moos auf einem warmen Stein erinnerte.

Die Elch-Geweihe sind die am schnellsten wachsenden Knochen der Welt. Jedes Jahr wird das ganze Geweih zwischen März und August voll ausgebildet. Diese Knochen sind im Moment mit dieser schützenden Samt-Haut überzogen und gewinnen jede Woche 3 cm an Länge.
Während der Wachstums-Phase sind die Knochen so gut durchblutet, dass eine Verletzung zum Verbluten führen könnte. Deshalb auch jetzt: wenig männliche Hormone machen friedlich und verhindern Verletzungen durch Ungestüm.

Die Tiere sind noch etwas mager nach dem langen Winter; bis im Herbst werden sie aber viel Muskelmasse zugelegt haben

Die grössten Schaufeln hat ein Elchbulle im Alter von etwa 12 Jahren erreicht; danach wird der ‘jährliche Bauplan’ stetig bescheidener.

Wenn das Geweih ausgebildet ist, endet die Durchblutung, die Haut fällt ab vom verknöcherten Geweih, und nun steigt der männliche Hormonspiegel, die Werbezeit beginnt ! Der Bulle mit dem imposantesten Geweih hat die besten Chancen bei den Kühen. Die Bullen kämpfen nicht wirklich miteinander; es sind eher Kraftproben, bei denen die Geweihe zweier Kontrahenten sich verhaken und der Stärkere den Schwächeren zurückstösst, bis dieser aufgibt.

So ein langes Gesicht – und so ein seelenvoller Blick – zum Verlieben !

Die Elchnasen hängen übrigens nach unten, weil die Tiere oben gar keine Zähne haben ! Die brauchen sie auch nicht, sie verzichten gerne aufs Äsen bei ihren überlangen Beinen, stattdessen fressen sie Wasserpflanzen im Fluss oder streifen Blätter und Schösslinge in Kopfhöhe ab. Das tun sie auch gerne in Vorgärten und Feldern, weshalb sie in gewissen Regionen als arge Landplage empfunden werden.

Der Einjährige Bulle links wurde von der Mutter verstossen bei der Ankunft des neuen Kalbes. Auch er hat bereits herzförmige Auswüchse, die eines Tages zu einer schönen Krone heranwachsen werden.

Dieses Kalb ist eine Woche alt. Da Elche nur acht Monate lang trächtig sind, kommen die Kälber als Winzlinge zur Welt, nehmen danach aber sehr rasch zu dank der fetten, proteinhaltigen Muttermilch. Das müssen sie auch, denn ganz ‘frisch’ sind sie sogar für Seeadler als Futterquelle interessant.

Der begeisterte Sohn des Parkbesitzers wollte nicht aufhören mit Erzählen und hat uns seinen König des Waldes Hugo ins schönste Licht gerückt, dann die Königin Lotta gerühmt und versprochen, dass sie uns gerne im Laufschritt umrennen wird, falls wir ihrem Kalb zu nahe treten sollten.
James beschrieb auch in allen Blutrot-Schattierungen, was genau bei welchem Hieb mit ihrem Kopf oder einem ihrer Hufe bei uns brechen würde. Alles, eigentlich..

Danach gab’s zum Trost einen Gratis-Kaffee und einen Laden voller Elch-Kuscheltiere zu kaufen.

Der Besitzer Tim ist ein englischer Witwer (seine Frau war Schwedin), der mit seinen beiden Söhnen neben dem Park auch noch einen Campingplatz mit Kanuvermietung betreibt und lachend bemerkte, dass er mit 69 Jahren mehr arbeitet als all die Jahre zuvor in seinem ‘offiziellen Berufsleben’.

Hier hätte ich gleich einsteigen können als Teammitglied, denn eine angemeldete Volontärin aus Deutschland hat es sich nach einer Panikattacke am Flughafen kurzfristig anders überlegt.. Es freut mich immer, wenn ich so ein Angebot erhalte. Ich will zwar (noch) nicht, aber ich könnte etwas tun, wenn ich denn wollte. Ein gutes Gefühl.

Es ist ganz plötzlich Sommer geworden; heute gab es hier 28 Grad. Und dazu eine schwarze Wolke von kleinen Fluginsekten, die gerne in die Ohren fliegen. Auch die ersten Mücken sind da ! ich habe beschlossen, nordwestwärts zu halten und mal zu sehen, wie weit ich heute komme. Dann wollen wir mal..