
Oder anders ausgedrückt: ich bin immer noch in der Schweiz statt auf den Kanaren…

Ich gebe es ja zu: ich hatte (naiverweise) tatsächlich eine Zeitlang angenommen, dass sich der Corona-Spuk urplötzlich in Luft auflösen würde und ich doch noch… Aber nein, doch nicht..
Es ist Spätherbst geworden, und aus Griechenland erreichen mich immer mal wieder Fotos von kilometerlangen, leeren Sandstränden – und von hemdsärmeligen, ehemaligen Campingnachbarn, welche wieder dort weilen. Sie berichten, dass die Sonne scheine bei 23 Grad. Na toll !
Diese Ex-Nachbarn sind allerdings schon vor den Grenzschliessungen und Teil-Lockdowns losgefahren, was ich wegen meinem Garagentermin verpasst hatte. Dass meine Verspätung ganz eigentlich ein Glücksfall für mich war, habe ich erst allmählich begriffen. 😊

Mein ursprünglicher Winterplan sah vor, zügig durch Frankreich und Spanien zu fahren und in Cádiz die Fähre Richtung Kanarische Inseln zu entern. Dann wäre ich drei Tage lang gemütlich durch den Atlantik geschippert, um schliesslich auf La Palma hoch auf dem Berg in Puntagorda ein kleines Gästehaus zu beziehen. Dort hätte ich selber Gäste empfangen können – meine (theoretischen) Gastgeber bieten nämlich geführte Insel-Wanderungen, Yogalektionen und Massagen an. Tönt perfekt, nicht wahr ?

Stattdessen habe ich mich bei Andy und Urs in Augwil (hinter dem Flughafen Zürich) als WG-Partnerin eingenistet in ihrem grossen, gemütlichen Gästezimmer und geniesse den Komfort, das fröhliche Beisammensein und die kuschelige Wärme in der Wohnung. Ich kann in Läden einkaufen, die ich gut kenne und gehe spazieren, wenn die Sonne scheint und den Herbst zum Leuchten bringt.


Ein grosser Wald nebenan lädt zum Erkunden ein, und beim Umrunden des gepflegten Golfplatzes gleich um die Ecke kann man den Anfängern beim Dreckklumpen-Hauen zusehen (manche treffen auch den Ball). Ich schätze mich auf jeden Fall sehr glücklich, hier sein zu dürfen und bin den Beiden überaus dankbar für ihre Gastfreundschaft in dieser Zeit, welche zum ersten Mal in der Geschichte das Reisen an sich für extrem unsexy erklärt hat.


Wir haben es richtig gut und kochen gemeinsam oder gönnen uns ein Essen auswärts. Apropos: unterstützt auch eure Wirte und esst mal wieder bei ihnen. 😊
Wir sind zum Beispiel öfter bei feinem asiatischen Essen im Red Lion in Kloten anzutreffen, wo Kurt und Bin den Laden schmeissen. Wenn nicht viel los ist (was momentan leider in vielen Restaurants die Regel ist), spielen sie auch gerne ‘Oldies Wunschkonzert’ auf ihrer Musikanlage. Macht Spass !


Einmalig (ähm, nicht zuletzt aus Kostengründen) war auch das ‘Amuse Bouche‚ Mittagessen mit Dani im Hotel The Dolder Grand in Zürich – Teuer, aber einfach genial !

Dieses ‘Schloss-Hotel’ thront hoch über der Stadt und dem Zürichsee, und das Menu aus lauter Mini-Gängen war zum Hinknien köstlich und entsprach genau meinem Motto: Un peu de tout, s’il vous plaît ! 😊


Wir wurden mit sagenhaften 27 exquisiten Mini-Gerichten verwöhnt (jeweils drei aufs Mal), und als wir uns danach satt und zufrieden zurücklehnten, wurden wir zum Kaffee noch mit einer Auswahl feinster Pralinés bedacht. Oh Wonne ! Was für eine fantastische Erfahrung !



Nach drei Monaten Wartezeit durfte ich im Oktober endlich meinen Pössl in die Garage Jestetten bringen. Dort haben sie den Sommer über lieber neue Wohnmobile verkauft als alte Kunden betreut..
Aber nun habe ich einen Wechselrichter und eine Stromkontrolle für meine beiden Solarpanele auf dem Dach – ich kann also freistehen UND mein Handy dabei aufladen. Mein Moskitonetz in der Schiebetüre hat auch wieder eine Zuzieh-Schnur, und auch das kaputte Rücklicht ist repariert.
Nur der Fahrradträger hängt immer noch schief, denn dafür hat es denn doch nicht mehr gereicht.. Nun ja, man kann nicht alles haben..

Am Freitag vor meinem Montag-Garagentermin hatte Deutschland übrigens angekündigt, dass sie die Grenze von Baden-Württemberg für Verkehr aus dem Kanton Zürich schliessen würden.
Also bin ich schon am Freitag nach Jestetten gefahren – in einer langen Kolonne von weiteren Zürchern. Ich hatte den Termin im Kopf, die anderen vor allem eine lange Einkaufsliste in der Tasche.
Wie peinlich ! Alle Parkplätze vor Aldi und Edeka voll besetzt mit schicken Audis und BMWs mit Zürcher Nummern, und in den Läden ging wieder einmal das WC-Papier aus.. 😊 Was haben die Leute nur immer mit ihrem blöden WC-Papier ?!
Bereits am Samstag wurde die Grenzenschliessung wieder aufgehoben, denn die Grenzorte – zumindest die Geschäfte dort – lieben ihre sparsamen Schweizer Kunden. Für mich hatte dies immerhin den Vorteil, dass ich mir mein Auto nicht an den Zoll liefern lassen musste..

Auch unerwartet schön ist schön.

Manchmal, wenn wir im dichten, kalt-feuchten Nebel stecken, denke ich an Griechenland, wo ich im Frühlings-Lockdown am sonnigen Strand sass; dann werde ich für einen kleinen Moment etwas nostalgisch. Aber meistens finde ich es einfach bedingungslos herrlich, dass ich in diesen Zeiten hier bin und hier sein darf ! 😊

Ich möchte in den nächsten Tagen herausfinden, wer in meiner näheren Umgebung keine Angst davor hat, jemanden (ähm: mich…) zu treffen. Die würde ich dann gerne besuchen auf einen Kaffee oder auf ein Glas Wein – und natürlich auf ein Plauderstündchen. Ich freue mich darauf .😊
Euch allen wünsche ich gute Gesundheit und Wohlergehen – und lasst euch bloss nicht verrückt machen; auch das hier geht vorüber.